✈ Wien - "Die Abrechnung, bitte!"

Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages. Naja, sofern man nicht unbedingt vor hat, dafür ins Hotel Sacher zu gehen. Der bornierte Altstadtfilz in Form eines bügelfaltigen Oberkellners verlangt nämlich nicht nur eine telefonische Vorankündigung, sondern verkündet dem treuen Kunden dann auch noch, dass dieser besser drei Monate vorher anrufen hätte sollen, da man ja bis April ach so ausbucht sei. Achja? Gut, wenn man mit den Firmenpolitiken aus einem Land vor unserer Zeit einigermaßen vertraut ist. Es ist zwar erst 08:00 Uhr morgens, doch mit etwas Nachdruck verlangt man nach dieser Botschaft den Portier - wohlgemerkt den einzig fähigen Mann des Knartschhotels - und lässt diesen der Geschäftsleitung wiederum ausrichten, dass man nicht nur über Hunger, sondern auch über spezielle Grundkenntnisse des längst überholten Gastro-Raritätsmarketings verfüge. Unterzuckert ist die Lautstärke des Gesprächs einem positiven Resultat kundenseitig zutiefst förderlich, besonders wenn man obendrein noch mit Sacher-Frühstücksgutscheinen bezahlen möchte.

 

Kurz nach diesem wohlgesonnenen "Guten-Morgen-Gruß" durfte ich mir sogar die Uhrzeit für den überteuerten Frühstücksbrunch im halbleeren Seniorenclub aussuchen. Ja, Unterzuckerung und Tobsucht wird man in Wien genauso gewohnt, wie das Sodbrennen nach dem Schnitzel beim Figlmüller. Vielleicht hab ich ja beim Mittagessen mehr Glück..

Outfitdetails:

top/bomber jacket: na-kd.com

 

skirt: na-kd.com

 

shoes: topshop

 

bag: zara


Auch wenn bezahlte Anzeigen im Reiseführer etwas Anderes verkünden, Spitzenküche erfährt man weder in einem Fabios, noch in einem Sofitel und schon gar nicht in irgendeinem Josephs. Ersteres verkauft ein durchsehntes über-30-Euro-Rumpsteak als Filet, der Sofitelspritzer mit der "Ich bin so Cosmopolitan-Aussicht" dürfte um 15 Euro wahrscheinlich magische Kräfte haben und wer ist überhaupt dieser Joseph? Wahrscheinlich irgendein spaghettiärmiger Hipster mit Werbeakademieabschluss. Muss so sein, denn vom Kochen hat der Wirt gegenüber der Mall jedenfalls keine Ahnung. Zeit für einen zweiten Zwischenstand: Nach dem Kampf um einen der vielen freien Plätze am Frühstücksbuffet, fragt man sich zu Mittag, ob der Wiener - so devot, wie er anscheinend ist - alles in den Mund nimmt, was ihm - Hauptsache überteuert - aufgetischt wird. Ja, man fürchtet sogar, dass hier die Köche besondere Narrenfreiheit genießen.

 

Doch glücklicherweise gibt es noch ein paar wenige Lichtblicke und Highlights. Downtown, kurz vor Sonnenuntergang. Das Do&Co im Haas Haus für Sushi und Steak-Fans. Das Heuer am Karlsplatz, wenn man Lust auf einen richtig guten Burger hat oder das Joma im Ersten. Am Hohen Markt. Hier kriegt man tatsächlich etwas fürs Geld geboten. Und ich spreche nicht von klingenden Namen, blasiertem Service oder einer präpotenten Kleinstadtgastroattitüde. Fabelhafte Küche, netter, charmanter Service und eine Überraschung auf der Rechnung. Eine positive, versteht sich.

 

Auch wenn man aus der Wiener Küche nicht besonders schlau wird, so weiß man nach einem kulinarischen Ausflug in der Bundeshauptstadt zumindest, dass hier der Preis nichts mit Qualität zu tun hat und man den Tag nicht vor dem Abend verfluchen soll. Egal, wie unterzuckert man auch ist.


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Kommentare: 1
  • #1

    Miss Amyable (Mittwoch, 09 März 2016 16:31)

    Wow, ich finde du schreibst echt super gut, ich liebe deinen Schreibstil und deine Kreativität. Find ich super wie du das machst und der Eintrag ist echt ur lustig!
    Weiter so (:

    Würde mich übrigends sehr geehrt fühlen wenn du vielleicht mal auf meinem (leider noch nicht so bekannten) Blog vorbeischauen würdest: www.missamyable.com